die Waldkolonie von 1914 bis 1936

Im Frühjahr 1913 wurde die Idee einer sozialen Einrichtung für Kinder, „die der Erholung bedurften“ im Reußischen Forst auf dem Weinberg oberhalb des Agnes Kreuzes Wirklichkeit.

die Prinzessinnen und Prinzen Reuß j.L.von rechts: Luise (damals noch Erbprinzessin), Feodora, Heinrich XLIII., Heinrich XLV. (spätere Erbprinz)
Foto vor 1912
KS
wahrscheinlich das erste Foto von der Waldsiedlung aus dem Jahre 1914
H. Grossmann

Der treibende Motor war offensichtlich Frau Dr. Clara Barthel (leider gibt es kein Foto von ihr; sie war -Kriegs- ?- Witwe und wohnte in der Agnesstr.), die in Victoria Feodora, Prinzessin Reuß j.L. eine engagierte Mitstreiterin gewinnen konnte. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Kolonie den Namen der Prinzessin trug. Leider starb sie früh, schon im Dezember 1918, einen Tag nach der Geburt ihrer Tochter Woizlawa-Feodora Elise Marie Elisabeth, Herzogin zu Mecklenburg. Diese wurde den Geraern nach der Wende als „Feodora“ bekannt, da sie für einige Jahre „wieder“ in Gera lebte. Sie verstarb im Sommer 2019 im Alter von fast 101 Jahren.

Zur Eröffnung der kleinen Kolonie am 6.Mai 1914 waren einige Honoratioren Geras, wie im Zeitungsbericht nachzulesen ist, vertreten, um mit der Teilnahme an der Feier das soziale Engagement das Projektes zu würdigen.

Einladung zum Wohlfahrtskonzert
LATh-HStA Weima, Ministerium des Innern E 607, Bl. 176r

Wie aus den Dokumenten des LATh HStA Weimar ersichtlich ist, war die Führung der Kolonie vom Sinn des Humanismus geprägt (siehe Bericht). Die Finanzierung der Einrichtung allerdings war „immer auf Kante“ genäht, soll heißen, dass jede Mark umgedreht werden musste, da ja die Unterhaltung der Kolonie ausschließlich aus Spendenmitteln generiert wurde. Fr. Dr. Barthel fehlte es da offensichtlich nicht an Ideen. So wurde zum Beispiel aus Anlass des 20jährigen Jubiläums (wieder) ein „Wohlfahrtskonzert … unter Protektorat S.D. Erbprinz Reuss“ auf Schloss Osterstein im Gobelinsaal am 11. April 1933 ausgerichtet. Sogar ein Sonderbus fuhr die Konzertteilnehmer von der Zeppelinstr. (heute Rudolf-Diener-Str.) hinauf zum Schloss (sicherlich auch wieder zurück).

1936 war die bürgerlich-humanistische Führung der Einrichtung durch die „freiwillige“ Erklärung Frau Dr. Barthels, dass das „Städt. Jugendamt die Überwachung des Betriebs der „Feodora-Waldkolonie“ übernimmt“, beendet. Von nun war die Einrichtung der städtischen NS-Führung und -Ideologie unterstellt. Die Fotos von damals, zum Beispiel der Fahnenapell, sprechen ihre eigene Sprache dazu. In den Akten finden sich danach nur noch administrative Unterlagen, wie Abrechnung, Inventur, letztmaliger Arztbericht u ä. Damit endet auch diese Akte. Weitere, offizielle Dokumente zur bzw. über die Feodora-Waldkolonie konnten bisher nicht gefunden werden.

Nur durch Zeugenaussagen wissen wir, dass die Einrichtung auch während des Krieges und darüber hinaus betrieben wurde.

Ingrid Wulf und Helga Schüler berichten über ihre Sommeraufenthalte in der Waldkolonie.

Beitragsbild oben: LATh-HStA Weimar, Ministerium des Innern E 607, Bl. 146

Hier ein paar ausgewählte Dokumente aus der Akte LATh-HStA Weimar, Ministerium des Innern E 607 von der Kolonie, Berichte, Speisenplan usw.:

LATh-HStA Weimar, Ministerium des Innern E 607, Bl. 110r